Selten war ich in einem Restaurant, in dem sich menschlich alles so richtig anfühlte: die offene, internationale Atmosphäre, die liebenswürdige und kompetente Bedienung, vor allem aber, dass es im Lawrence – so heißt dieses strahlend weiße Café und Restaurant auf der Oranienburger Straße – um die wirklich wichtigen Dinge geht. Darum, dass Menschen wie Menschen behandelt werden, egal, wo sie herkommen; und darum, dass Essen dabei eine Brücke schlagen kann.
Das Lawrence, das auch eine Galerie, einen Shop und einen Coworking-Space beherbergt, wurde aus der Überzeugung gegründet, dass Migration eine Chance für Deutschland sei und jeder vom kulturellen Austausch profitieren könne. Geführt wird es von einem deutsch-syrischen Duo: Frank Buecheler, Regisseur und Autor, und Basha Hassoun, einem gelernten Kaufmann, der vor einigen Jahren aus Damaskus geflüchtet ist. Die beiden haben die Non-Profit-Organisation „Freeartus“ gegründet, die mit Geflüchteten Konzerte und Ausstellungen organisiert, ein Camp im Libanon unterstützt – und seit Anfang August eben das Lawrence betreibt.
Deutsche und syrische Bauarbeiter haben es gemeinsam renoviert. Frank Buecheler und Basha Hassoun wollten kein schrammeliges Café am Stadtrand eröffnen, sondern einen sinnlichen, hellen Ort im Zentrum Berlins. Newcomer – so nennen sie im Lawrence Flüchtlinge – sollen hier bei gutem Essen Berlinern und Touristen begegnen. Und genau so haben sie es umgesetzt. Das Lawrence ist nicht einfach nur ein gut gemeintes Projekt. Es ist ein ernstzunehmendes, stylishes Restaurant mit einer ambitionierten Küche.
Genuss ohne Grenzen
Die Preise sind im Lawrence niedrig gehalten, sodass eben auch „Newcomer“ es sich leisten können. Trotzdem gibt es keine Abstriche bei Qualität und Frische. Das merke ich schon bei der Vorspeise – gefüllten Weinblättern und Teigtaschen. Der kurdische Küchenchef Mustafa wurde aus Hamburg abgeworben, wo er in einem gehobenen anatolischen Restaurant kochte. Zusammen mit seinem syrischen Souschef und einer Geflüchteten als Küchenhilfe zeigen sie einen Querschnitt durch die syrische und arabische Küche.
Die Karte dürfte für meinen Geschmack ruhig etwas kleiner ausfallen und sich auf Gerichte konzentrieren, die man – jenseits von Falafel und Hummus – eher seltener bekommt: etwa die Weinblätter, im Lawrence vegetarisch im libanesischen Stil zubereitet und mit saftigem Rundkornreis gefüllt, der mit Tomaten, Zwiebeln, Petersilie, Kardamom, Granatapfelmelasse und Zitronensaft vermischt wird.
Berliner und Flüchtlinge Seite an Seite
Ein sehr ausgetüfteltes Aroma haben auch die knusprig frittierten Teigtaschen namens Sambusek. Meine sind mit eingekochtem Lammhack, Lauch, Karotten und Paprika gefüllt und sehr würzig, die Spinatfüllung der Teigtasche namens Fataier ist säuerlich und nussig zugleich. Und Kebbeh Hamis, wie die Tasche aus weichem Bulgur-Teig mit Rind und Lammhack heißt, schmeckt wegen des Kreuzkümmels und der Pistazien und Pinienkerne so richtig orientalisch.
Unbedingt probieren sollte man Makloube, ein duftendes, luftiges Reisgericht mit gebratener Aubergine, zu dem man kalten Joghurt mit Gurken isst. Übersetzt bedeutet der Name „falsch herum“, weil die Aubergine beim Kochen als Bodensatz für den Reis dient und beim Servieren gestürzt wird. Die Makloube schmeckt wunderbar sämig und nach Baharat, eine Gewürzmischung aus Koriandersamen, Zimt, Nelken, Piment, Kreuzkümmel, Kardamom und Muskatnuss.
Das Lawrence zeigt perfekt, wie modern, vielfältig und offen die arabische Kultur sein kann. „Make Orders, Not Borders“ heißt das Motto des Ladens und jetzt auch meines – zumal jeder Euro Gewinn an die Flüchtlingsorganisation „Freeartus“ geht.
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